Therapie- und Begegnungshof FALUNA
Gruboer Hauptstr.2
14827 Wiesenburg/Mark  Ortsteil Grubo
Tel.: 0177 5387016



Bei FALUNA leben derzeit neben 5 Hunden und 5 Katzen auch 13 Pferde und Ponys. Vollblutaraber, Traber, Tinker, Dülmener… Zwischen 10 und 31 Jahren. Eine ganz bunte Mischung, die sich aber miteinander wohl fühlt. Denn die Pferde wohnen in einer artangemessen Haltungsform. Das heißt, sie sind immer zusammen, niemals in Boxen eingesperrt und haben immer mindestens 2 ha und wenn Gras und Kräuter wachsen, zusätzlich 6 ha Fläche zur Verfügung. Sie haben stets Heu und Gras, Kräuter und Minerale, Äste und ab und an Obst und Hafer.

Die meisten unserer Pferde sind ehemalige „Nutzpferde“ als Sportler, Mütter oder Kinderpferde. Viele kommen aus Tierschutzkontexten und haben Handicaps.
Hier nun sollen sie nicht mehr benutzt werden, um Menschenwünsche zu erfüllen. Aber sie dürfen, wenn sie möchten, mit Menschen in freiwilligen Kontakt gehen und gemeinsame Dinge erleben. Bei Seminaren und Weiterbildungen ist die Pferdeherde, ebenso wie die Hundegruppe, wichtiger Partner.




Faluna – oder
Wenn ein Pferd nicht mehr heil werden kann...

 

29.8.2017

 

Falunas Geschichte ist so eine. Ich kannte sie seit Anfang der zweitausender Jahre. Mitte derer zog sie zu uns auf den Hof. Damals war sie in der Folge einer Zuchtauflösung heimatlos geworden.
Faluna, war erschreckend brav, dabei höchst sensibel, ängstlich, darin unberechenbar, nicht reitbar, deshalb hatte niemand sie haben wollen. Ich mochte sie, denn mit "Angsthasen" kann ich sehr gut.
Wir nahmen sie also auf, ohne aber ganz allein über ihren weiteren Werdegang entscheiden zu können.

 

Faluna hatte einen Namen, der jenseits dessen war, was wir als freundlich verstanden, so erhielt sie zuerst diesen neuen Rufnamen, auf den sie sofort reagierte.
In der neuen Offenstall-Herde fühlte sie sich bald wohl.

 


Man sah ihr an, dass sie schon einige Fohlen gehabt hatte und recht schnell zeigte sich auch, wie tief ihre Angst vor Menschen, deren Erwartungen und Manipulationen am Körper in ihr eingebrannt war. Faluna benahm sich artig, freundlich und stets händelbar - wenn man sie einmal eingefangen hatte.

 

Wie kein anderes Pferd zeigte Faluna, dass sie kein Interesse daran hatte, mit uns Menschen zu kooperieren, wenn wir sie dazu halftern würden. Und wie kein anderes Pferd zeigte Faluna, dass sie in die erlernte Hilflosigkeit rutschte, wenn sie zu etwas gezwungen wurde.

 

In der Folge stellten wir recht bald auch unsere Versuche ein, ebenfalls mit Faluna zu "arbeiten".
Ich ließ sie innerlich frei und einfach nur da sein. Das ergab ein erstes Aufatmen bei diesem Pferd, das ich im Leben (und selbst im Tod) nur mit verhärtetem Körper gekannt hatte, gepanzert gegen all die Ausbildungsmethoden und Reitversuche, natürlichen und künstlichen Besamungen, Trennungen von ihren Kindern und Herden…
Einzig zu Spaziergängen wurde sie eingeladen, die sie immer gern mitmachte.

 

Obwohl ich dieses Pferd schon viel länger kannte, wurde mir erst nach und nach mit aller Konsequenz bewusst, dass Faluna selbst nur geben konnte, wenn sie nicht leisten SOLLTE. Ich nahm sie aus meinen inneren Erwartungen, sie zum Therapiepferd MACHEN zu WOLLEN.
Dennoch oder gerade deshalb wurde sie eine beeindruckende Co-Therapeutin in meiner psychologischen Arbeit mit misshandelten Mädchen und Frauen. Wenn – sie frei war und selbst entscheiden konnte, ob sie Kontakt wollte oder nicht.

Die Stute reagierte sehr speziell auf misshandelte Frauen und Mädchen. Sie nahm sie förmlich unter ihrer Mähne mit in eine sehr zarte Kommunikation und in intensive freie Begegnungen. Und das noch bis vor wenigen Wochen. Sie ließ sich von ihnen anfassen, putzen, führen und führte sie. Faluna zeigte mir stets verlässlich, wenn besondere Zartheit angebracht war.

Leider traf uns dann die Finanzkrise mit voller Wucht und so hart, dass ich den Therapiebetrieb einstellen musste und dann die Entscheidungen zu treffen hatte, welche Pferde ich (neben den Eseln, Kleintieren, Minischweinen ) zu vermitteln versuchen würde.

Faluna stand erst nicht zur Debatte, aber dann meldete sich über alte Kontakte der Vorbesitzerin eine sehr nette Frau, die nicht reiten, sondern als eingetragene Araber-Berber-Züchterin noch eigene Fohlen haben wollte. Gemeinsam mit der ehemaligen Halterin von Faluna wurde beschlossen, die Stute dorthin zu geben, war sie doch stets gern Mutter gewesen und sollte noch ein bis zwei Kinder und dann die Rente dort bekommen dürfen. Das wäre für die kleine Stute ideal gewesen...wäre es so gekommen. Denn sie zog zwar dahin um, musste aber nach zweieinhalb Jahren schon wieder wechseln, da die Züchterin und ihr Partner sich trennten.

Die nächste Station war wieder eine Züchterin mit dem Wunsch nach einem Fohlen, wir dachten, das wäre noch zu vertreten. Faluna wurde dort auch tatsächlich nett behandelt, nicht geritten und bekam nochmal zwei Fohlen. Mir gefiel es nicht, dass aus den „ein bis zwei Fohlen“ indessen vier geworden waren, aber die Fotos zeugten trotzdem von gutem Zustand Falunas und die Erzählungen klangen freundlich.
Dann musste sie auch dort weg, weil Pachtflächen verloren gingen.
In dem Augenblick, da ich die Info gab, ich würde sie zurück nehmen, war sie schon an eine "Freundin der Freundin" der Halterin auf einen "tollen Rentnerplatz" abgegeben worden. Ich bekam dann keine Infos und Fotos mehr, so sehr ich es versuchte.
Faluna verschwand aus meinem Blickfeld.


Im August 2013 öffnete sich mir Facebook mit einer Anzeige, in der eine 20jährige Araber-Berberstute "ehemals aus schlechter Haltung" angeboten wurde, als „bedingt reitbares, etwas scheues Pferd, Fuchs...“. Ohne Fotos.

Vor meinem inneren Auge erschien Faluna und mir ging schlagartig das Herz ins Rasen über. Ich recherchierte, die Region der Inserenten passte zum letzten mir bekannten Wohnort Falunas. Ich schrieb die Leute an, die nicht gleich antworteten, da die Anzeige noch über eine "Mittelsfrau“ lief.

Mir war tagelang nur schlecht. Zu der vorigen Züchterin konnte ich endlich wieder Kontakt herstellen. Diese beschrieb, dass es Faluna schon drei Monate nach Weitergabe schlecht gegangen sei, sie das Pferd aber nicht zurück und außerdem Hofverbot bekommen habe. Meine Wut darüber und dass ich nicht informiert worden war, schluckte ich hinunter.

Ich bekam heraus, dass es tatsächlich Faluna war, die inseriert worden war. Nach Tagen  bekam ich die Stallbesitzerin, bei der Faluna nun lebte, ans Telefon. Sie bezeichnete die Stute  mir gegenüber als "alte Drecksau" und als „blöd beim Reiten und gefährlich und durchtrieben“ usw… Angeblich hätte Faluna sie bewusstlos getreten, als sie die Box habe säubern wollen. Aber man müsse „der nur zeigen wo es lang geht!“ Mir war speiübel bei den Bildern, die vor mir erschienen. Ich musste mich jedoch noch zurückhalten, denn ich wollte Faluna um jeden Preis dort heraus holen. Offiziell gehörte Faluna nun einem jungen Mädel, das sicher nichts Böses gewollt hatte. Dennoch war das Pferd in der Hölle gelandet.
Von dem jungen Mädchen bekam ich Fotos und mir wurde noch schlechter. Meine schöne zarte Stute war nur noch ein Schatten...

Zum Glück klappten sämtliche Verhandlungen mit den Beiden, Faluna sollte zu mir zurückkehren.

Und es musste schnell gehen, nicht, dass es sich noch wer anders überlegte, da die Kontakte mit der Stallbetreiberin sehr seltsam schienen.

Die gebuchte Fahrerin ließ mir per SMS kurz vor der Abfahrt den Transport platzen. Eine liebe Internetbekannte bot sich spontan an, zum ausgemachten Termin, das Pferd zu holen und bei sich "zwischen zu parken" bis wir sie bei ihr abholen könnten. Erleichterung! Denn, hätte ich den Termin abgesagt, wer weiß, ob wir Faluna noch bekommen hätten...

Also lief am nächsten Tag fast durchgehend eine Handykonferenz, bis Faluna bei Kathi auf dem Hänger stand und sie auf dem Heimweg waren. Nach drei Stunden kamen die ersten Fotos und mir wurde wieder schlecht.

Zwei Tage später konnten wir sie abholen. Klapperdürr, grau statt fuchsfarben, panisch-weiße Augen, tiefe Gruben über den Augen, ausgefallenes Langhaar…Faluna war kaum wiederzuerkennen.
Nach langer Fahrt stieg sie dann vor unserem offenen Tor aus dem Hänger (in dem Moment begann ein Feuerwerk im unteren Dorf) und - SIE führte MICH schnurstracks auf unseren Hof in IHRE Paddockbox.


Faluna hat alles hier sofort wiedererkannt. Auch die drei Pferde, die sie noch von früher kannte. Nach zwei Wochen Pflege am Hof mit ihren ehemaligen Gefährten ging sie mit auf die 6ha-Weide, die sie früher schon so liebte. Und sofort schwand das Weiß aus ihrem Auge. Ich konnte nichts mehr sehen vor lauter glücklichen Tränen.

Körperlich war sie ausgelaugt. Die seelischen Schäden waren gravierend. Riesengroße Panikaugen, Luftanhalten, wenn Mensch sich bewegte, davonrennen, wenn es nur ging, am Strick den Körper stets so positionieren, dass er kaum erreichbar war... Und doch streckte sie mir schon bald zaghaft ihre Nase entgegen und schien sich zu erinnern, wie es damals hier war.

Ich gab Faluna damals folgendes Versprechen: „Nie wieder sollst du weg müssen. Dafür werde ich alles tun, was ich kann. Und wenn das bedeutet, mein einziges gesundes Pferd verkaufen zu müssen. Du darfst bleiben und nichts mehr tun müssen, nur die absolut lebensnotwendigen Pflegemaßnahmen musst du aushalten. Du darfst in deiner Herde bleiben, bis du eines Tages umfällst und sagst, dass dein Weg nun zu Ende ist. Nie wieder sollst du Zwangsmaßnahmen erleiden. Nie wieder soll jemand von dir wollen, was du nicht leisten kannst. Nie wieder werde ich dich im Stich lassen!“
Denn ein Teil von mir fühlt sich mit schuldig an Falunas traurigem Werdegang. Denn auch ich hatte zunächst versucht, mit ihr zu „arbeiten“ und auch ich habe sie weiter gegeben, als es bei mir eng wurde. Nur deshalb konnte sie in so schlimmen Zuständen landen.
Wenigstens dieses Versprechen wollte ich ihr nun geben.

Faluna lebte fast genau noch vier Jahre hier.
Sie adoptierte ein 11 Monate altes Tinkerstutfohlen als ihre Tochter und ging auf in dieser Aufgabe. Diese letzte Tochter durfte, als einziges ihrer mindestens 12 Kinder, länger als vier bis sechs Monate bei ihr bleiben. Ihr erstes Fohlen hatte der Blitz erschlagen, direkt neben ihr. Die anderen Fohlen waren ihr stets viel zu früh genommen worden, da sie schon als Jungstute ängstlich und sensibel war und man fürchtete, sie würde dies auf ihre Kinder übertragen. Doch ihr Tinkermädchen begleitete Faluna drei Jahre, bis zum Schluss.

Stets blieb Faluna auf der Hut, wenn Menschen in ihre Nähe kamen. Sie ließ sich halftern, aber immer skeptisch und mit angehaltenem Atem. Sie ließ sich die Hufe machen, mit starrem Blick und in Erwartung von Strafen. Sie fragte ab und an nach Spaziergängen, um ihre Ziehtochter darin zu begleiten.
Faluna fand wieder Freude daran, ihren „spanischen Gruß“ anzubieten, den sie vor vielen Jahren hier gelernt hatte und brubbelnd forderte sie die Belohnung dafür ein. Ab und an ließ sie sich die Stirn kraulen oder im Fellwechsel auch etwas bürsten.
Sie tobte mit ihrer Herde über die große Weide oder durch die Rundläufe am Offenstall, sie spielte mit den Jungwallachen und sie verwies ihr übermütiges Ziehkind geduldig, aber konsequent immer wieder in die Schranken. Faluna gesellte sich zur anderen Altstute der Herde und hofierte weiterhin den Leit“hengst“ der Herde, den sie früher schon geliebt hatte.

Hin und wieder aber stand Faluna auch nachdenklich abseits. Ich hatte dann immer das Gefühl, sie würde ihr altes Leben verarbeiten müssen und brauche dazu auch physisch Raum.

Vor etwa einem Jahr begann Faluna sich langsam zu verändern. Sie nabelte ihr Ziehkind deutlicher ab, indem sie nicht mehr immer bei ihr war und die Jungstute deren Konflikte zunehmend selbst lösen ließ. Sie blieb länger allein irgendwo stehen und legte sich auch öfter nieder. Dazu kamen Probleme mit dem Fellwechsel und mit den Augen. Eine Reihe kleinerer Infekte, die sie stets selbst überwand, folgten.
Niemand weiß, was und wie sehr ihr vielleicht innerlich etwas mitunter weh tat, denn Faluna zeigte kein Unwohlsein, wenn es nicht ganz schlimm war. Ihr zeitlebens gepanzerter Körper mit brettharten Muskeln ließ nichts nach außen.

Unsere Hof-Frauschaft versuchte achtsam Faluna zu begleiten und ihre Signale zu erkennen, wenn sie Hilfe benötigte.

Vor einigen Monaten dann wurde deutlich, dass Faluna mehr und mehr in ihrer Psyche weilte. Sie stand nun oft abseits und war innerlich „irgendwo“, blieb zwar zunächst in der Herde, später am Rand, aber sie nahm nicht mehr unmittelbar am Geschehen in der Herde teil. Ihre Ziehtochter war nur noch selten lange bei ihr, aber sie schaute mehrmals täglich nach Faluna, indem sie sie berührte. Und sie sorgte unnachgiebig und mit 600 Kilo Tinkermasse dafür, dass Faluna an der Tränke in Ruhe ihren Durst stillen konnte. Dabei gelang es der jungen Stute sogar, eigentlich ranghöhere Pferde beiseite zu schicken.
Die Herde begegnete Faluna deutlich respektvoller als ich es einem alten Pferd gegenüber vermutet hätte. Oft hielt sich ein Teil der Pferde in Sichtweite der Stute auf und sie wurde weniger fortgeschickt, wenn sie im Wege stand, als früher.

Im Umgang mit uns Menschen nahm die Angst wieder zu. Faluna bekam regelrechte Panikanfälle, wenn sie unvermeidbare körperliche Pflegemaßnahmen erdulden musste. Sehr eindrücklich die Ohnmachtsanfälle, wenn ich ihre Augen oder ihr Gesicht säubern wollte.
Sie begann in den letzten Wochen zu wiehern, wenn Menschen auf sie zu kamen. Vielleicht hauptsächlich, weil es immer dann war, wenn sie zu ihrem Eimerfutter geholt wurde.
Für mich gab es allerdings noch einen zunächst unerklärlichen weiteren Aspekt in ihren Rufen. Denn sie forderten scheinbar nicht nur Essen…

Oft schaute ich Faluna an und wusste, dass es ihr nicht mehr gut ging und dass sie ihren letzten Lebensabschnitt begonnen hatte. Und ich wiederholte vielfach mein Versprechen, dass sie in der Herde würde bleiben dürfen bis zum Schluss.
Ich hatte mich - in endlosen inneren und anderen Diskussionen und unter Abwägung aller mir zugänglichen Gefühle und Kenntnisse zu Faluna - gegen jegliche größeren Diagnostiken und intensiven Behandlungen (außer mittels der Fütterung) entschieden, die ihre sichtbaren körperlichen Beschwerden hätten eventuell beeinflussen können. Oder eben auch nicht.

Dieses Pferd hatte immer nur den Wunsch gehabt, nicht irgendwie manipuliert oder festgehalten zu werden, wenigstens das sollte ihr am Ende ihres Lebensweges gewährt werden. Und somit weiterer Stress verhindert.

Dann kam der Tag, auf den ich vorbereitet und zugleich nicht vorbereitet war.
Faluna lag nachmittags auf der Weide und rief. Und sie wieherte, stand aber nicht auf. Und ich erkannte den bislang mitschwingenden Unterton in ihren Rufen wieder. Diesmal nicht als „Mitschwingen“. Diesmal als Ruf. Die Wochen zuvor hatten mich ihre Stimmsignale auf genau DIESES Rufen vorbereitet, das nun völlig deutlich klang und nicht misszuverstehen. Erst im Nachhinein wird mir das so klar.

Sie war in der Herde umgefallen. Und sie fiel weitere Male auf dem mühsamen Weg in den Schatten an diesem heißen sonnigen Sommernachmittag.
Alles, was sie aussandte war, hier bin ich am Ende. Ich bin in meiner Herde. Ich BIN nun umgefallen. Ich bin auf meiner liebsten Weide. Ich bin müde. Ich bin.
Die körperlichen Signale sprachen für Organversagen. Faluna wirkte ruhig. Sie war einverstanden mit dem Tierarzt, der abends kam und dann einverstanden mit der Entscheidung, dass sie mit seiner Hilfe gehen sollte. Der Körper hatte Angst vor den Menschen um sie herum. Ihre Seele aber war dankbar und ruhig.
„Zufällig“ waren im Verlaufe des Nachmittags - bis auf eine - alle da gewesen und konnten Faluna – jeder auf seine Art zur Seite sein.

Sie ging schnell. Noch nie habe ich eine Pferdeseele erlebt, die so schnell den Körper verließ. Noch nie einen Körper, der im Tod so angespannt bleib, wie er im Leben war.

Während wir mit Räuchern, Musik und Blüten Abschied nahmen, erschien am wolkenfreien abendblauen Himmel genau über uns eine einzelne Wolke in Gestalt eines großen weißen Vogels. Dort oben war Falunas Seele. Nur in dieser Entfernung konnte sie noch ein Weilchen bleiben.

Die Herde hat sehr berührend ihre alte Stute verabschiedet. Sie hatte noch die ganze Nacht lang Zeit dazu. Sie hatte es im Vorfeld gewusst und es gibt aus diesen Stunden viele einzelne besondere Begebenheiten, die es zu erzählen lohnt.

Seit Falunas Tod finden wir viele (Wolkenvogel)Federn, die einen Platz auf dem Eckpfosten an Falunas Lieblingsweide finden.

 
(Fotos in chronologischer Reihenfolge: Foto 1 als sie das erste Mal zu uns kam; 2 bei uns, 3+4 nach der Abholung aus dem letzten fremden Stall; 5+6 im Winterhalbjahr danach; 7 - 15 im Jahr drauf; 16 - 18 im Jahr 2016; 19 - 25 in 2017 und 26 in memoriam Faluna )

  

 




MURMEL - oder
Wenn ein heiles Pferdchen einzieht

 

FALUNA bietet mitunter Tieren ein Zuhause, die ganz besondere Bedingungen brauchen.

2020 hinzugekommen ist „Murmeli“, eine kleine Konik-Stute. 13 Jahre hatte sie für den Naturschutz als Landschaftspflegerin und Mutter gearbeitet. Murmel“ ist nun etwa 15 Jahre alt und sollte mit etwas mehr individueller Fürsorge in „Rente“ gehen…
Eine langjährige Menschenfreundin von Murmel organisierte, dass wir hier zusagen konnten, dem Pferdchen  sein Zuhause zu geben.

Pferde, die die Beweidungsprojekte verlassen, werden normalerweise als zukünftige Reitpferde verkauft. Aufgrund ihrer geringen Größe, sie ist nur 1,21m groß, käme sie auf dem aktuellen Pferdemarkt vermutlich nur als „Kinderpony“ in Betracht. Eine schwierige Erwartung an ein halbwild lebendes, mittelaltes Pferdchen. „Kinderpony“ zu werden ist an sich schon eine kaum lösbare Aufgabe für ein Pferd, erst Recht für eines, das bislang wild und frei leben konnte. Viele „Kinderponys“ werden zu „Wanderpokalen“, weil die Kinder zu groß werden oder die Lust am Pferd verlieren oder weil die Pferde krank werden oder zu oft NEIN! sagen….


Auf dem Therapie- und Begegnungshof FALUNA soll „Murmelchen“ ihr Leben in ihrem Tempo und nach ihren Bedürfnissen weiter leben dürfen. Sie darf mit der Herde leben, viel beengter zwar als bisher, aber mit größtmöglicher Freiheit, eigenem Willen und so viel Zuwendung, wie sie mag.

Murmeli hat sich sehr schnell eingelebt. Man merkt, sie kann die Pferdesprache, da sie ihr Leben mit vielen anderen Pferden sehr frei verbringen durfte und nicht von Menschen zu unnatürlichen Dingen gezwungen wurde. Sie hat nicht verlernt oder verdrängen müssen, dass Pferde mit feiner Energie auf feinste Energie reagieren können. Sie hat nicht erfahren müssen, dass täglich Menschen sie missverstehen und auf Nichtpferdisch komisch reagieren können.
Wir sind fasziniert, wie stark, klar und ungebrochen Murmel agiert und ihr neues Zuhause erobert hat.
In ihrer kurzen Zeit hier hat sie schon weinende Kinder beruhigt, indem sie einfach hinging, sich still dazu stellte und zuhörte. Sie hat schweigende Kinder zum Lachen gebracht und zum Sprechen und – sie hat die Herzen auch von Erwachsenen erfüllt. Und dies Alles ganz ohne Aufforderung. Sie darf, so wie alle unsere Tiere hier, JA sagen oder NEIN. Und das wird respektiert.




Februar 2017
Das Glatteis machte es den Pferden gerade unmöglich, ausgiebig zu toben, obwohl sie bei uns lange Strecken im Schritt zurück legen können.
Also gab es am 5.2.2017 einen Ausflug auf die große, nicht zugefrorene Sommerfläche.
Sandra Breuer begleitete uns mit der Kamera und machte beeindruckende Fotos .



Neuankömmlinge...

(März 2016)
 Immer mal wieder ist in der Herde zu beobachten, wie Neulinge  - im Folgenden das Beispiel von Lotte (Pony, damals 18J.) und Jack (Tinker, damals ca. 10J.) -  integriert werden. Ein spannender Prozess, der dieZusammenarbeit der "Altwallache" der Herde benötigt, weil der Leitwallach aufgrund menschgemachter körperlicher Schäden (Einreiten mit 2,5 Jahren und nun Arthrosen und Gelenksdegeneration) nicht mehr so fit ist.


Die MAGIE der Herde -
oder
Brauchen Pferde in Menschenhand (andere) Strategien?


Seit sechzehnTagen leben auf unserem Hof zwei neue Pferde. Ein junger, kräftiger Wallach und seine ältere Ponystute, die zuletzt zu zweit gelebt hatten. Unser Wintergelände erlaubt keine sofortige Zusammenführung, also bauten wir so um, dass die beiden neuen Pferde neben der Stammherde von 7 Pferden wohnte. Den Neulingen ermöglichten wir, dass sie das gesamte Gelände erstmal ohne die anderen kennenlernen konnten.
Zwei der Stammpferde lernten die Hinzukommenden einzeln kennen. Ein drittes Pferd kannten sie noch von früher aus einem anderen Stall.
Wirschätzten die neue kleine Stute als willensstark, aber unkompliziert ein, den jungen Wallach allerdings als einen, "der es wissen will". Also wurde verabredet, die Pferde wirklich bedacht und langsam in die Stammherde einzuführen.

Tja, wenn Menschen Pläne machen, dann kommt oft alles anders. Sonntagnachmittag beschlossen die Pferde, dass Zäune tatsächlich nur hinderlich sind und galoppierten plötzlich alle gemeinsam herum. Schnell hatten wir alle überflüssigen Zäune abgebaut und zusätzliche Durchgänge geschaffen, damit die neun Pferde die ganzen zwei Hektar nutzen konnten. Alles auf!
Open End...

Der Chef der Herde hat diese jetzt über 13 Jahre lang sehr gut angeführt, beschützt, Neulinge hervorragend integriert und war dabei immer geradlinig, unmissverständlich und fair. Seit etwa zwei Jahren schlagen seine  körperlichen Schäden (eingeritten mit 2,5 Jahren!!!) zu Buche. Er zog sich also den etwa sechsjährigen Wallach aus der Herde nach und lehrte ihn die wichtigsten Dinge von Respekt, Grenzen, Raum geben und Raum nehmen - wie es ein Anführer zu tun hat. Den dritten Wallach, den rangniedrigsten der Herde, hatte er schon seit einigen Jahren vorgeschickt und eingesetzt, wenn es galt, fremde Pferde zu prüfen.

Nun also liefen auf einmal alle neun Pferde durcheinander. der Herdenchef sammelte sofort seine Stuten ein und wurde darin abgeschirmt vom Co-Chef. Der fremde Wallach startete heftige Angriffe, die die beiden Leit-Wallache gut konterten, allerdings musste der Chef aufgrund seiner körperlichen Gegebenheiten immer wieder fliehen statt gegenzuhalten, was dann aber meist Vice übernahm.
Der rangniedrigste Wallach hatte sich die neue Stute "gefangen" und verteidigte sie gegen den bisherigen Begleiter. Im Zusehen band er die Ponystute mehr und mehr an sich. Ich bin sicher, dass das nicht allein mit der Rosse der Stute zusammenhing.
Die älteste Stute meiner Herde ist auch die ranghöchste, die auch der Chef nicht wegschicken kann, wenn sie nicht will. Sie machte sich auf, den neuen Wallach auf sich zu beziehen.

Beide Pferde unserer Herde wurden vom Chef darin gesteuert, hingeschickt und durch Blicke (und ich bin sicher telepathisch) angewiesen, sich um die Neuankömmlinge zu kümmern, sie zu trennen und damit die Einheit aufzuspalten.

Der Co-Chef übernimmt das Abschirmen, der Chef treibt die rangniederen Stuten, die ranghöchste Stute separiert den neuen Wallach, indem sie sich anziehend verhält (ungewöhnlich für die sonst nicht so nette Dame „wink“-Emoticon ) und von der Herde wegwandert. Der rangniedrigste Wallach macht die dominante Ponystute (die beim Erstkontakt den Co-Chef schon verprügelt hatte) ungefährlich, indem er sie perfekt abschirmt. Das ist das aktuelle Bild auf der Weide. Drei Gruppen. Chef, Co-Chef und drei Stuten, der rangniedrige Altwallach mit der neuen Stute und die ranghohe Altstute mit dem neuen Wallach.
Die jüngste Stute, bald drei Jahre alt und die den Neuen schon bekannte Stute grasen oder stehen gelegentlich verbindend zwischen den fremden Pferden und der Stammherde.
Von Zeit zu Zeit nähern sich die beiden Stammpferde mit ihrem Neulings-Anhang der Herde und testen aus, wie die Stammherde auf die Neuen reagiert bzw. umgekehrt. Jedes Mal, wenn die kleine Stute noch aus der Herde heraus angegangen wird, dreht der jetzige Verteidiger wieder ab mit ihr. Und jedes Mal, wenn der neue Wallach jemanden aus der Herde attackiert (meist den Co-Chef) versucht die Altstute, ihn wieder mit sich zu ziehen.

Wow, wenn das kein strategisches Vorgehen aufgrund begrenzten Platzangebotes ist. Wir zwingen die Pferde bunt zusammengewürfelt familienfremde Herden zu bilden. Sie haben keine zighundert Hektar um einander auszuweichen, sind also genötigt, sich selbst und ihre Resourccen zu schützen und doch zu teilen.

Wir finden sehr spannend, wie die Pferde da vor unseren Augen Absprachen treffen und offensichtlich einen Zweck verfolgen. Feinste Körpersprache und telepathische Kommunikation. Da erleben wir etwas, das sonst eher Raubtieren bei Jagden oder Elefanten bei der Rettung ihrer Verwandten zugeschrieben wird.... eine innere Ordnung im augenfälligen Chaos. Und wir sind wiedermal sehr begeistert von unserer Herde und vor allem von "unserem Chef", dem großartigen Dülmener Wallach Whinnie. Ohne ihn, da sind wir sicher, wäre dies so nicht möglich. Und wir vertrauen ihm, dass er auch diesmal, zwar mit geschwächteren Kräften, aber mit großem Geist Harmonie in die Herde bekommen wird. Schließlich führt er die Fäden!


So führt er übrigens auch mich, Susann. Ich fand mich heute beim Abmisten plötzlich dabei, zwei, drei große Schritte in eine andere Richtung zu gehen. Unmittelbar danach realisierte ich, dass Whinnie mich anstarrte und ich durch genau diese Schritte zwischen ihn mit seinen Stuten und den neuen Wallach gelangt war, so dass der sich wieder abwendete.
(15.3.2016)

 

ganz links Jack (Neuling); in der Mitte Whinnie, der Chef; dann Norwin, der Co-Chef, mit Schneewittchen, die beide Neuen schon kennt

 

links Lotte, die neue Ponystute mit ihrem Bewacher Quanino; im Hintergrund an der Raufe Jack mit der ältesten, ranghöchsten Stute Luisa



Leander - oder
Katzen wissen was sie wollen. Und tun das auch!


Im Herbst 2020 hatten wir als Mehrkätzinnenhalter endlich Erbarmen mit dem hübschen schwarz-weißen Kater, der seit vielen Wochen um unseren Hof streifte, auf den Fensterbrettern saß und um Futter gebettelt hatte. Irgendwann hatten wir ihm im Stall eine Schlafkiste gebaut und begonnen ihn zu füttern. Regelmäßig saß er abends auf dem Fensterbrett zur Küche und beobachtete uns mit seinen wundervollen großen Augen beim Essen. Nunja...aus diesen Augen strahlte etwas, das uns nicht kalt ließ, also durfte er den kalten Nächten entfliehen und bei uns in der Wohnung schlafen. Tagsüber schickten wir ihn hinaus, 19 Uhr erschien er pünktlich zum Essen und Schlafen. Mit unseren Katzenmädels verstand er sich und die Kleinste, MinnieMinnie schloß ihn schnell in ihr Herz und umgekehrt. Und auch unsere Herzen hat er vollkommen erobert.
Trotz Umfragen und Aushängen fanden wir nicht heraus, wem dieser Kater gehörte. Also blieb er. Und er wurde sehr schnell zum Liebling der Besucher. Leander saß nämlich stets in der Nähe des Hoftores, wenn Gäste kamen und begrüßte sie überschwänglich.
Fast genau ein Jahr nach seinem wirklichen Einzug bei uns fand sich doch noch die Familie, zu der er zuvor gehört hatte. Weil dort zwei Kinder sehr traurig gewesen waren, wurde Leander wieder in sein altes Leben geholt, in dem er einen anderen Namen hatte und sein Wohnort gut 10km entfernt von uns lag. Im alten Zuhause die Kinder waren überglücklich, ihren Kater endlich wieder zu haben. Leander blieb vier Wochen im Haus eingesperrt zur Wiedereingewöhnung nach so langer Zeit. Dann durfte er wieder in den Freigang.
Und-
stand 24 Stunden später wieder bei uns vor der Haustür. "Zufällig" war ich gerade hinausgetreten, nicht genau wissend warum, Da machte es "Miiiauuu" und ein völlig erschöpfter Kater fiel mir vor die Füße: "Endlich bin ich wieder da!" "Endlich bist du wieder da!" dachten auch wir und seine kleine Lieblingsmiez Minnieminnie, die sehr unter seiner Abwesenheit gelitten hatte.
Zehn Kilometer Wald hatte er durchwandert und wieder zu uns gefunden. Wie er das schaffte, fragen wir uns heute noch, denn zurückgeholt worden war er mit dem Auto.
Gemeinsam mit Leanders vorheriger Menschenfamilie wurde festgestellt, dass es klar ist, was Leander will: Begrüßungskater von FALUNA sein. Also IST er dieses und darf es sein, so lange er mag.
Die Kinder der Familie besuchen ihn gelegentlich und freuen sich, dass es ihm hier gut geht.